Agil zu sein, wird für Unternehmen wichtiger, weil Märkte, Technologien und Kooperationen komplexer werden. Wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen, dann müssen Sie auf Veränderungen schnell reagieren können. Agile Unternehmen zeichnen sich durch Anpassungsfähigkeit aus und durch die Fähigkeit, in unsicherem Umfeld „gute“ Entscheidungen zu treffen: Das wiederum bedeutet den Abschied von festen Strukturen und Prozessen sowie von mittel- und langfristigen Strategien. Agile Unternehmen können sich bei Umfeldveränderungen wandeln und gleichzeitig ihre Identität wahren. Sie sind in der Lage, die Balance zu halten zwischen Dynamik und Stabilität.

Was agile Unternehmen auszeichnet

Wenn Sie Ihr Unternehmen agiler machen wollen, dann sollten Sie folgendes beherzigen: Agile Unternehmen zeichnen sich (1) durch flache Hierarchien bei klarem Unternehmensziel. Die klare Ausrichtung räumt Ihren Mitarbeitern größere Entscheidungsspielräume ein. Außerdem tritt an die Stelle der oft gepredigten Kundenorientierung (2) die Kundenfokussierung: Der Kunde wird zum „Chef“. Das agile Unternehmen organisiert sich rund um dessen Bedürfnisse, also von außen nach innen. Es bedeutet weiterhin, dass starre Hierarchien (3) zunehmend flexiblen Strukturen Platz machen. Unternehmen können über Projekte oder weitgehend autonom agierende Teams einfach schneller reagieren.

Was für Start Ups nicht relevant ist: Etablierte Unternehmen müssen (4) zugunsten radikaler Effektivitätssteigerung Bürokratie abbauen. Das bedeutet konkret, dass Zielvereinbarungs- und Beurteilungssysteme schrittweise abgeschafft, um stattdessen die intrinsische Motivation der Beschäftigten für High Performance zu nutzen. Es bedeutet schließlich (5) eine neue Form von Führung: Statt Macht-voll zu kontrollieren, sollten Führungskräfte verstärkt ihre Mitarbeiter entwickeln. Hierfür brauchen sie eine den Prozessen und den Menschen dienende Haltung, denn Beschäftigte sind Individuen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen. Den einen motiviert es, Ordnung und Struktur schaffen zu können, den anderen, Spontanität und Flexibilität zu leben. Individuell führen bedeutet, dass Führungskräfte intrinsische Motivation der Beschäftigten zugunsten von deren Leistungsfreude und im Sinne des Unternehmens nutzen.

Unternehmenskultur als Schlüssel für Agilität

Wie sieht der kulturelle Nährboden für Agilität aus? Förderlich ist erstens Transparenz: Um autonom und „gut“ entscheiden zu können, brauchen die Beschäftigten Zugang zu allen unternehmensrelevanten Informationen. Zweitens fördert eine Kultur der Fehlertoleranz die Agilität: Im Vorteil sind Unternehmen, wenn sie Räume für Experimentieren und für das Lernen aus Fehlern schaffen. In Sachen Kommunikation bedeutet das drittens, dass sie die Kultur des Dialogs und des Feedbacks in alle Richtungen weiterentwickeln. Viertens profitiert jedes Unternehmen von Multiperspektivität. Die erreichen Sie etwa dadurch, dass Sie Teams heterogen und interdisziplinär besetzen. Agile Unternehmen gelangen so fünftens organisch zu agilen Methoden und Formaten wie Scrum, Design Thinking oder Kanban. Andersherum wird oft probiert, funktioniert aber leider nicht: Sich agile Methoden aneignen, um agil zu werden.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg auf Ihrem „agilen Weg“!

Michael Schwartz

 

Über den Autor

Michael Schwartz leitet das Institut für integrale Lebens-und Arbeitspraxis (ilea) in Esslingen. Der Diplom-Physiker arbeitete vor seiner Beratertätigkeit zwei Jahrzehnte als Führungskraft und Projektmanager in der Software-Industrie. Weitere Informationen über Michael Schwartz